Santa Severina - Das steinerne Schiff Geschichte und Kultur von Santa Severina
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Campum (Piazza “Campo”)
Foto: Prof. Pino Barone
“Campo”   ist   der   Name   mit   dem   die Einwohner   von   Santa   Severina   schon seit       Jahrhunderten       die       Piazza nennen.   Sehr   wahrscheinlich   kommt der    Name    “Campum”    aus    vergan- gener   Zeit,   da      die   Piazza   als   militä- rische   Verteidigungsstätte   verwendet wurde. Sie    befindet    sich    auf    der    höchsten Seite   des   Felsens.   Im   Norden   finden wir       die       Kathedrale,       auf       der gegenüberliegenden    Seite    steht    die imposante,    normannische    Burg,    die von    zwei    Gräben    von    der    Piazza getrennt ist. Sie    bilden    das    „Belvedere“,    die    im Osten         und         Westen         einen wunderschönen       Blick       über       die Dächer   der   Stadt   und   auf   die   Berge der   Sila,   das   Neto-Tal,   bis   hin   zum Ionischen Meer bietet.
Die   Piazza   Campo   sollte   eine   neue Aufmachung   bekommen.   Trotz   altem Hausbestand,   war   es   klar,   dass   diese erhalten   werden   sollte   –   die   ein   oder andere     Renovierungsmaßnahme     - aber         keine         Änderung         der Grundstruktur.     Obendrein     gab     es zwar     Geld     aus     EU-Mitteln,     aber dennoch   war   das   Budget   nicht   üppig genug,      um      große      Sprünge      zu machen. Das   Architektenduo    Patanè-Anselmi hatte   den   passenden   Vorschlag.   Der Belag   der   Piazza   sollte   erneuert,   mit künstlerisch   historischer Aufmachung versehen        werden,        und        eine Gesamtkomposition    mit    Kathedrale und Schloss eingehen. Nach     schwieriger     Diskussion     mit mehreren           Sitzungen           wurde schließlich    eine    Struktur    gefunden, die    zwar    noch    mehrmals    geändert wurde,       aber       im       Wesentlichen feststand. Wir   häufig   auf   antiken   Marktplätzen zu   finden,   wollte   man   ebenfalls   eine Windrose        mit        den        Himmels- richtungen   im   Zentrum   des   Platzes, dessen       Längsachse       in       Nord- Südrichtung orientiert ist, anlegen. Zusätzlich   sollte   sollten   sich   aber   die örtlichen       Bedingungen       in       der gesamten                          Komposition widerspiegeln, was leicht
nachvollziehbar    als    Kernpunkte    das Schloss    im    Süden    –    der    Sitz    der weltlichen       Macht       –       und       die Kathedrale   im   Norden   –   als   Ort   der transzentralen   himmlischen   Macht   im Thema hat. Verbindet     man     die     Eingänge     der beiden   Machtzentren   mit   einer   Linie, so   schneidet   sich   diese   im   Zentrum des     Platzes     mit     einer     Nord-Süd- Achse   unter   einem   Winkel   von   19°. Schade,    dass    die    Stadtplaner    der alten     Zeit     den     Platz     nicht     etwas großzügiger    angelegt    haben,    denn dann    wären    für    diesen    Winkel    30° zustande      gekommen,      was      den zwölften    Teil    eines    Tages    und    der Windrose    bedeutet    hätte    –    was    für eine Symbolik! Weil    es    so    schön    wäre,    taten    die Künstler   so,   als   wäre   dies   tatsächlich der   Fall,   mogelten   ein   bisschen   und teilten   schließlich   die   Windrose   doch in    zwölf,    nicht    ganz    exakt    gleiche Winkel,   was   aber   keinem   auffällt,   da nicht   ein   großer   Kreis,   sondern   eine Ellipse das Gebilde umgibt. Diese    Ellipse    ist    natürlich    nicht    nur ein     Zugeständnis     an     die     Zwölfer Teilung,    sondern    vor    allem    an    die Begebenheiten   der   länglichen   Piazza und    an    nichts    Geringeres    als    die Laufbahnen der neun Planeten
unseres   Sonnensystems,   welche   wir auch    prompt    als    Symbolsteine    auf der     Nord-Süd-Achse     wiederfinden. Und   wir   haben   es   schon   geahnt   –   die Erde   als   dritter   Planet   befindet   sich im Zentrum der Windrose. Die    Besonderheit    ist    aber    in    der Verbindungslinie   WELT-   KIRCHE   zu sehen,   der   Spannbogen   von   Physik zum      Geist.      Er      führt      von      der Berggrabenbrücke     des     Schlosses zum   Hauptportal   der   byzantinischen Ursprungskirche.    Jeder    der    diesen Pfad    beschreitet,    was    allabendlich tausendfach   bei   der   obligatorischen „Passeggiata“         vollzogen         wird, wandelt    quasi    die    Strecke    Himmel- Erde      auf      und      ab,      was      der kalabrischen         Seele         durchaus entspricht. Für    Feingeister    hat    diese    Strecke natürlich   eine   Struktur,   die   des   Blei   Silber   –   Gold   –   Zyklus   der   Alchemie. So     wie     Blei     in     Gold     verwandeln sollte,     ist     der     Werdegang     einer armen    Seele    zu    verstehen    …    vom Schloss direkt in himmlische Gefilde! Hannes Wirtl und Prof. Franco Severini-Giordano